News

Newsletter Winter 2021

Sonntag, 19.12.2021

Auswirkungen des sogenannten BREXIT auf britische Limiteds

Gefahr im Verzug – Handlungsbedarf gegeben

Das Oberlandesgericht (OLG) München hat in einer auf Grund der einschlägigen Rechtslage auch für Österreich maßgeblichen Entscheidung vom 5.8.2021, 29 U 2411/21 Kart („Brexit means Brexit“) klar entschieden, dass britische Limiteds mit Verwaltungssitz in Deutschland (oder in Österreich) mit dem Vollzug des Austritts des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union (mit Ablauf des 31.12.2020) ihre Rechtsfähigkeit verloren haben.

Dies bedeutet, dass Limiteds mit Verwaltungssitz in Österreich seit 1. Jänner 2021 keine britischen Limiteds mehr sind, sondern

  • im Falle des Vorhandenseins mehrerer Gesellschafter nunmehr Gesellschaften Bürgerlichen Rechts (GesBR) oder eine Offene Gesellschaft (OG), sowie
  • im Falle einer Limited mit einem Alleingesellschafter einzelkaufmännische Unternehmen geworden sind.

Die Konsequenz daraus ist, dass die vormaligen Gesellschafter einer Limited mit Verwaltungssitz in Österreich seit 1. Jänner 2021 für Verbindlichkeiten der Gesellschaft in voller Höhe persönlich haften.

Sollte die Haftungsbeschränkung der Gesellschafter ein wichtiger Beweggrund für die Gründung dieser Limiteds mit Verwaltungssitz in Österreich gewesen sein, empfiehlt sich dringend, eine österreichische Gesellschaft mit beschränkter Haftung (allenfalls gründungsprivilegiert mit einem reduzierten Stammkapital von € 10.000, einbezahlt/aufgebracht mit € 5.000) zu gründen und das Vermögen oder den Betrieb der vormaligen Limited im Umgründungsweg auf diese österreichische GmbH zu übertragen.

Die Rechtsfolge des Verlustes der Rechtsfähigkeit als Limited trifft grundsätzlich nur Limiteds mit Verwaltungssitz in Österreich. Echte inländische Zweigniederlassungen von Limiteds mit Verwaltungssitz im Vereinigten Königreich wären davon nicht betroffen. Wer behauptet, dass der Verwaltungssitz einer in Österreich tätig gewordenen Limited nicht in Österreich am Ort der Zweigniederlassung, sondern tatsächlich an einer Adresse im Vereinigten Königreich besteht, wird dies unseres Erachtens allerdings beweisen müssen.

Ein bloßer Briefkasten an einer englischen Adresse wird als Beweis nicht ausreichen. Es wird ein in „kaufmännischer Weise eingerichteter Geschäftsbetrieb“ im Vereinigten Königreich nachzuweisen sein.

Wenn Sie zur weiteren Haftungsbegrenzung das Vermögen oder den Betrieb Ihrer eigentlich „österreichischen“ Limited auf eine GmbH übertragen wollen, beraten wir Sie gerne und erstellen die erforderlichen Verträge und erledigen die Firmenbuchanmeldungen für Sie.

Dr. Gernot Fellner Linz, im Dezember 2021

Mehr lesen…

Newsletter Sommer 2021

Mittwoch, 19.05.2021

Ferienliegenschaft im europäischen Ausland – Was Sie auf jeden Fall beachten sollten!

Auf Mallorca genießt das Pensionistenehepaar Obermair in der sogenannten schlechten Jahreszeit milde Wintermonate. Ihr Wohnhaus in Linz haben sich die Ehegatten Obermair behalten. Von Juni bis Oktober leben sie in Österreich, pflegen Kontakte zu hiesigen Freunden und Verwandten, entspannen an den Salzkammergutseen oder unternehmen Wanderungen in den herrlichen Bergregionen. "Das Beste aus zwei Welten", wie Frau Obermair zu sagen pflegt.

Doch eines Tages während eines ihrer halbjährlichen Winteraufenthalte auf der Baleareninsel erleidet Herr Obermair einen Herzinfarkt, der trotz rascher Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus zu seinem Tod führt…

Fehlende Rechtswahl im Testament – Dramatische Folgen!

Die Österreicher lieben das Meer. Urlaubs- und Zweitwohnsitze in Ländern wie Kroatien, Spanien etc. werden attraktiver.

Viele erfüllen sich den Traum von der eigenen Wohnung im Süden um die Wintermonate in milden Gefilden zu verbringen.

Zunehmend sind dies nicht nur Ruheständler mit viel Freizeit, sondern auch voll Berufstätige jüngeren Alters mit und ohne Familie.

Insbesondere Freiberufler, die lediglich Internet benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sind hier ungebunden und können praktisch überall auf der Welt arbeiten und wohnen. Nicht selten zieht es diese in die wärmeren Regionen Europas, um dem nasskalten und grauen Winter in einer Großstadt zu entfliehen.

Ein Fallbeispiel

Auch Herr und Frau Obermair[^1] haben nach einigen Jahren des Winterurlaubs auf Mallorca, den sie noch in Hotels verbracht haben, sich von ihrem angesparten Vermögen eine kleine Wohnung im mallorcinischen Hinterland in der Nähe von Valldemossa gekauft. Dort genießen die beiden Pensionisten nun in der sogenannten schlechten Jahreszeit milde Wintermonate. Ihr Wohnhaus in Linz haben sich die Ehegatten Obermair behalten. Von Juni bis Oktober leben sie in Österreich, pflegen Kontakte zu hiesigen Freunden und Verwandten, entspannen an den Salzkammergutseen oder unternehmen Wanderungen in den herrlichen Bergregionen. "Das Beste aus zwei Welten", wie Frau Obermair zu sagen pflegt.

[^1]: Die Namen wurden frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

Doch eines Tages während eines ihrer halbjährlichen Winteraufenthalte auf der Baleareninsel erleidet Herr Obermair einen Herzinfarkt, der trotz rascher Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus zu seinem Tod führt.

Die Ehegatten Obermair haben vor Jahren bei ihrem Notar in Linz ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig und wechselseitig zu Erben eingesetzt haben. Die Ehegatten Obermair haben zwei Nachkommen, Tochter und Sohn, die sich eigentlich recht gut verstehen.

Nachdem Frau Obermair gemeinsam mit ihren Kindern die Überführung des Leichnams ihres Gatten nach Österreich und das Begräbnis auf dem Linzer Barbarafriedhof organisiert und abgewickelt hat, kommt sie noch im Zuge der Trauerarbeit unweigerlich auch um das Thema der Verlassenschaftsabwicklung nicht herum. Frau Obermair und ihre Kinder, Sabine und Helmut, gehen natürlich fest davon aus, dass die Verlassenschaftsabhandlung wegen der österreichischen Staatsbürgerschaft des Verstorbenen und wegen ihres gemeinsamen Wohnsitzes in Linz beim Bezirksgericht Linz und durch einen Linzer Notar als Gerichtskommissär abgewickelt werden wird.

In diesem Glauben wendet sich die Familie an den Linzer Notar, bei dem die Ehegatten vor Jahren ihr Testament errichtet hatten, mit der Bitte um Erteilung einer ersten Rechtsauskunft.

Zunächst mit ungläubigem Staunen und kurz darnach mit Bestürzung muß Familie Obermair die Auskunft des Linzer Notars zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur die Verlassenschaftsabhandlung nach dem verstorbenen Gatten und Vater bei einem spanischen Gericht auf Mallorca durchgeführt werden muß, sondern dass überdies im Zuge dieser Verlassenschaftsabhandlung spanisches Erbrecht angewendet wird.

Warum ist das so?

Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 (kurz: EU-Erbrechtsverordnung – EuErbVO) bestimmt in ihrem Artikel 4, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlaß die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Nachdem Herr Obermair zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in seiner Wohnung in der Nähe von Valdemossa auf Mallorca hatte, ist das dort örtlich zuständige Gericht nun für die Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens über das gesamte dem Herrn Obermair gehörige Vermögen zuständig, also auch über seinen Anteil an dem Haus in Linz und über sein gesamtes erspartes Vermögen in Österreich sowie seinen in Linz garagierten Personenkraftwagen. Außerdem ist, wie gesagt, spanisches materielles Erbrecht anzuwenden.

Dies bringt für Familie Obermair nun natürlich unzählige rechtliche wie faktische Probleme mit sich. Abgesehen davon, dass Familie Obermair mit dem spanischen Gericht nur im Wege der Beauftragung einer doppelsprachigen (deutsch- und spanischsprachigen) Anwaltskanzlei in Palma kommunizieren kann, weil die Spanischkenntnisse von Frau Obermair für rechtlich komplexe Sachverhalte zu dürftig sind, kommt auch noch die An- und Rückreise nach und von Mallorca zu den Gerichts- und Notarterminen hinzu.

Zu ihrem Schrecken muß Frau Obermair auch noch bei dem von ihr in Palma de Mallorca beauftragten deutschsprachigen Abogado (Rechtsanwalt) erfahren, dass ein in Österreich errichtetes gemeinschaftliches Testament von Ehegatten in Spanien nicht anerkannt wird, weil gemeinschaftliche Testamente nach spanischem Recht grundsätzlich unzulässig sind. Die Durchsetzung des österreichischen Testamentes in Spanien wird daher sehr schwierig werden.

Außerdem beträgt der gesetzliche Pflichtteil von Nachkommen nach spanischem Erbrecht ⅔ des Nachlasses und damit genau die doppelte Quote im Vergleich zum österreichischen Recht (⅓ des Nachlasses).

Für die Übertragung des Miteigentums des Erblassers an der Wohnung in Spanien bedarf es letztlich einer Erbschaftsannahme vor einem spanischen Notar. Sollte das österreichische Testament in Spanien nicht durchsetzbar sein, werden alle drei Personen, Frau Obermair und ihre Kinder Sabine und Helmut, in Spanien die Erbschaft annehmen müssen und anschließend eine Erbauseinandersetzung beurkunden lassen müssen, damit Frau Obermair im Sinne des Testamentes Erbin des unbeweglichen Vermögens werden kann. Noch unangenehmer ist die Rechtssituation bezüglich des in Österreich gelegenen Vermögens, vor allem des Anteils des Verstorbenen am Haus in Linz. Nachdem das spanische Gericht die österreichischen Grundbuchvorschriften nicht kennt und nicht befolgen kann, wird wohl nur die Ausstellung eines sogenannten Europäischen Nachlaßzeugnisses (ENZ) durch das spanische Gericht die Eintragung von Frau Obermairs Eigentumserwerb am Hälfteanteil des Verstorbenen in Linz ermöglichen.

Dieses Nachlaßzeugnis wird auch notwendig sein, um in Österreich den PKW des Herrn Obermair auf seine Frau behördlich ummelden zu können. Einen Einantwortungsbeschluß eines österreichischen Gerichtes, der problemlos anerkannt wird, gibt es ja nicht.

Der rechtlichen Probleme nicht genug, drohen der Familie Obermair nun auch noch steuerliche Nachteile. Wer einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien für länger als 183 Tage im Kalenderjahr hat, begründet damit einen steuerlichen Wohnsitz in Spanien und ist dort steuerpflichtig. Die Eheleute Obermair haben stets ab November eines Jahres bis einschließlich Mai des Folgejahres auf Mallorca gelebt. Damit waren sie jedes Jahr mehr als 200 Tage auf der Baleareninsel ansässig und damit dort steuerpflichtig, auch bezüglich der Erbschaftssteuer.

Nachdem es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Spanien bezüglich Erbschaftssteuer gibt[^2] und Österreich zur Zeit keine Erbschaftssteuer erhebt, Spanien jedoch sehr wohl, wird das gemäß EuErbVO ausnahmslos und zur Gänze in Spanien abzuhandelnde österreichische und spanische Nachlaßvermögen des Herrn Obermair wegen seines Steuerwohnsitzes auf Mallorca in Spanien mit Erbschaftssteuer zu versteuern sein. In Österreich fällt unangenehmerweise trotzdem eine Steuer an und zwar die Grunderwerbsteuer vom Haus in Linz auf der Grundlage des sogenannten Grundstückswertes.

[^2]: Sondern nur bezüglich der Einkommensteuer und der Vermögenssteuer.

Wäre der Nachlaß des Herrn Obermair in Österreich abzuhandeln gewesen, wäre außer für den Hälfteanteil an der Wohnung auf Mallorca gar keine Erbschaftssteuer angefallen.

Wie hätten die Ehegatten Obermair, die ja jahrelang sowohl in Österreich als auch in Spanien gelebt haben, diese Schwierigkeiten und Nachteile vermeiden können?

Eigentlich ganz einfach

Gemäß Artikel 22 EuErbVO hätten die Ehegatten Obermair in einem Zusatz zu ihrem gemeinschaftlichen Testament das Recht der Republik Österreich als auf ihren jeweiligen Todesfall anwendbares Recht wählen können, weil sie ja beide österreichische Staatsbürger waren. Gleichzeitig hätten die Ehegatten Obermair gemäß Artikel 5 EuErbVO in diesem Testamentszusatz auch noch festlegen können, dass das Bezirksgericht Linz das für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens örtlich und sachlich zuständige Gericht sein soll.

Das Verlassenschaftsverfahren wäre dann auf Grund des Testamentes beim Linzer Bezirksgericht durch den Notar als Gerichtskommissär durchgeführt worden.

Mit dem Einantwortungsbeschluß des österreichischen Gerichtes, der sie als Alleinerbin ausgewiesen hätte, hätte Frau Obermair über das gesamte inländische Nachlaßvermögen verfügen können. Der Pflichtteil ihrer Kinder hätte insgesamt nur ⅓ vom Wert des Netto-Nachlasses betragen. Den Wohnungsanteil auf Mallorca hätte Frau Obermair ebenfalls auf Grund des Testamentes geerbt. Zur Eintragung ihres Eigentumsrechtes auf der Wohnung in Spanien hätte man entweder nur den österreichischen Einantwortungsbeschluß ins Spanische übersetzen müssen oder allenfalls ein Europäisches Nachlaßzeugnis vom österreichischen Gerichtskommissär ausgestellt erhalten.

Erbschaftssteuer wäre nur vom Hälfteanteil der spanischen Eigentumswohnung zu bezahlen gewesen

Bei Lebens- und Wohnsitzverhältnissen mit Bezug ins europäische Ausland sollte daher in einer letztwilligen Anordnung stets eine Rechtswahl zu Gunsten österreichischen Rechts getroffen werden.

Außer man hat die Brücken zu Österreich vollkommen abgebrochen und hierzulande weder Vermögen noch einen Wohnsitz.

Dr. Gernot Fellner – Linz, im Mai 2021

Mehr lesen…

Newsletter Februar 2020

Mittwoch, 04.03.2020

(Rechts-)Streitvorbeugung durch Testamentserrichtung

Wie wichtig es ist, als Ehegatten (oder Lebensgefährten) ein Testament gerade für den Fall des gleichzeitigen Versterbens oder des zwar zu unterschiedlichen Zeitpunkten erfolgenden, aber zeitnahen Versterbens zu errichten, hat die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes (OGH) vom 17.12.2019, 2 Ob 62/19k, wieder einmal deutlich gemacht.

Ehegatten hatten jeweils Kinder aus einer früheren Ehe und keine letztwillige Anordnung. Im Anlaßfall wurden diese Ehegatten bei einem Verkehrsunfall so schwer verletzt, dass sie kurz hintereinander in verschiedenen Spitälern verstorben sind. Allerdings erfolgte der Eintritt des Todes des Mannes laut Sterbeurkunde um eine Stunde und zwanzig Minuten später als der Tod seiner Gattin. Nachdem der Mann die Frau also, wenn auch nur kurz, überlebt hatte, erbte sein ruhender Nachlaß (und damit seine Nachkommen) auf Grund des Gesetzes ein Drittel des Vermögens seiner Frau neben den leiblichen Kindern der Ehegattin.

Wären die Ehegatten tatsächlich und nachweislich gleichzeitig verstorben, hätten jeweils nur ihre eigenen Kinder den gesamten Nachlaß von Vater beziehungsweise Mutter geerbt. Die Kinder der Ehefrau haben sich im Prozeß auf § 11 Todeserklärungsgesetz-TEG berufen, der besagt:

Kann nicht bewiesen werden, dass von mehreren gestorbenen oder für tot erklärten Menschen der eine den anderen überlebt hat, so wird vermutet, daß sie gleichzeitig gestorben sind.

Allerdings hat der OGH in seiner obigen Entscheidung klar festgestellt, dass auch dann, wenn laut ärztlicher Aussagen „nicht ausgeschlossen werden konnte", dass der Hirntod des Mannes schon zum gleichen Zeitpunkt eingetreten war, wie jener der Frau, diese Aussage nicht ausreichend ist, um den Beweis, den die Sterbe-urkunden mit den unterschiedlichen Todeszeitpunkten liefern, zu entkräften.

Ein besonders dramatisches Beispiel für nicht gewollte erbrechtliche Rechtsfolgen mangels Testament hat im Spätherbst 2000 das größte Unglück in der österreichischen Seilbahngeschichte geliefert, als im Stollen der Standseilbahn auf das Kitzsteinhorn in Kaprun insgesamt 155 (einhundertfünfundfünfzig) Menschen verbrannt oder erstickt sind. Fünfzehn der Opfer stammten aus Wels in Oberösterreich, weil sie Teilnehmer oder Begleiter eines Betriebsausfluges des Magistrates der Stadt Wels waren. Frau o. Univ.-Prof. Dr. Edith Tutsch-Bauer, Lehrstuhlinhaberin für Gerichtliche Medizin an der Universität Salzburg zum Unglückszeitpunkt, hatte damals dem in Wels für die Verlassenschaftsabhandlungen der Welser Opfer zuständigen Gerichtskommissär auf dessen Befragen mitgeteilt, dass die Gerichtsmedizin Salzburg absolut in der Lage sei, trotz des unfassbaren Desasters und der Verwüstung des Unfallortes und der Entstellung der Opfer durch den Brand, für jedes Unfallopfer den individuellen, genauen Todeszeitpunkt festzustellen. Damit war klar, dass verschiedene Opfer einander laut offizieller Feststellung oftmals nur um wenige Minuten, aber im Rechtssinne sehr wohl, überlebt hätten.

Rechtlich hätte dies zur Folge gehabt, dass wie im Falle der beim Verkehrsunfall ums Leben gekommenen Ehegatten, Ehegatten und Verwandte unter den Opfern, aber auch Lebensgefährten mit wechselseitigem Testament, einander noch beerbt hätten, wenngleich der Erbe oder die Erbin laut Gerichtsmedizin schon eine Minute später selbst verstorben war. Das Erbrecht wäre noch angefallen gewesen, ein Erbteil wäre auf eine „andere Seite" gelangt und eigene Nachkommen wären wohl auf diese Weise unbeabsichtigt verkürzt worden. Ganz zu schweigen, dass die Opferangehörigen womöglich neben der Belastung durch den Verlust ihrer Lieben und den nachfolgenden Strafprozeß mit der endgültigen Urteilsfeststellung des Richters, „Gott hat für einige Minuten im Tunnel das Licht ausgemacht", auch noch in erbrechtliche Zivilprozesse verwickelt worden wären.

Auf Hinweis des in Wels zuständigen Gerichtskommissärs hat die Gerichtsmedizin Salzburg als offiziellen, einheitlichen Todeszeitpunkt im Kaprun-Desaster für alle Verstorbenen ein und dieselbe Uhrzeit, wenige Minuten nach 09.00 Uhr am 11. November 2000, festgestellt und damit zumindest etliche zivilrechtliche Auseinandersetzungen vermeiden geholfen.

Wegen der Kenntnis von den überragenden gerichtsmedizinischen Fähigkeiten wird im Notar-Bureau Dr. Fellner seit dem Fall Kaprun daher allen Ehegatten und Lebensgefährten, die ein wechselseitiges Testament mit Anordnungen für den Fall „gleichzeitigen Versterbens" errichten möchten, dringend ans Herz gelegt, diese Anordnungen nicht nur für den Fall tatsächlichen gleichzeitigen Ablebens, wenn unterschiedliche Todeszeitpunkte nicht eruiert werden können (z.B. bei einem Flugzeugabsturz oder Schiffsuntergang), sondern auch für den Fall zu treffen, in dem der überlebende Partner so zeitnahe zum Erstversterbenden nachverstirbt, dass er oder sie selbst keine Erbantrittserklärung mehr abgeben kann.

Falls Sie beabsichtigen, ein derartiges Testament aufzusetzen, beraten wir Sie gerne.

Linz, im Februar 2020 Dr. Gernot Fellner

Mehr lesen…




Newsletter Juni/Juli 2016

Sonntag, 03.07.2016

Auslegung des § 52 Abs 2 OÖ Sozialhilfegesetz

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hatte sich im Verfahren LVwG-350213/2/GS/PP mit der Auslegung des § 52 Abs 2 OÖ Sozialhilfegesetz zu beschäftigen.

Diese Gesetzesbestimmung normiert, dass der Träger sozialer Hilfe, der Hilfe geleistet hat, über den Kostenersatz durch ersatzpflichtige Personen einen Vergleichsversuch mit der oder dem Ersatzpflichtigen vornehmen kann. Das Gesetz normiert weiters, dass einem Vergleich über den Kostenersatz die Wirkung eines gerichtlichen Vergleichs zukommt, wenn er von der Behörde beurkundet wird.

Strittig war im gegenständlichen Fall, ob durch Brief (der Behörde) und Gegenbrief (der Beschwerdeführerin) ein Vergleich über den Verkauf eines Grundstückes der Ersatzpflichtigen zustande gekommen ist.

Das OÖ. Landesverwaltungsgericht hat in seinem Erkenntnis vom 6. Juni 2016 zwar ausgesprochen, dass gewisse Formerfordernisse für das Zustandekommen eines Vergleiches nach ABGB nicht erforderlich sind. Die Erwähnung in § 52 Abs 2 OÖ Sozialhilfegesetz besage, dass der Vergleich im Falle behördlicher Beurkundung einen Exekutionstitel bildet und somit vollstreckbar ist. Im Übrigen vertrat das Gericht jedoch die Rechtsauffassung, dass der von der Behörde angebotene Vergleich nicht zustande gekommen sei, weil die Beschwerdeführerin nicht innerhalb der von der Behörde hiefür vorgesehenen Frist bei der Behörde vorgesprochen und den Vergleich somit nicht habe protokollieren lassen.

Im fortgesetzten Verfahren bei der in der Sache zuständigen Bezirkshauptmannschaft wird insbesondere die Frage zu klären sein, ob "sonstige Ersatzpflichtige" iSd § 48 OÖ Sozialhilfegesetz, also Personen, denen der Empfänger sozialer Hilfe in den letzten fünf Jahren vor Beginn der Hilfeleistungen Vermögen verschenkt hat, auch dann schon in voller Höhe des Wertes des Geschenks zur Ersatzpflicht herangezogen werden können, wenn einerseits noch nicht feststeht, wie hoch endgültig bei Ableben des Hilfeempfängers die Rückforderung des Sozialhilfeträgers aushaften wird und andererseits aus Einkünften des Sozialhilfeempfängers (mittels Arbeitnehmerveranlagung) zum Ende eines Jahres die jeweils aktuell aushaftenden Kosten bis auf einen ganz geringen Betrag abgedeckt werden können.

Das Notariats-Bureau Dr. Fellner hat die Beschwerdeführerin in dieser Causa vor dem OÖ. Landesverwaltungsgericht erfolgreich vertreten und eine Bescheidaufhebung mit Rückverweisung der Sache an die belangte Behörde erreicht.

Ist die Aufzugsmodernisierung Teil der ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung der Liegenschaft iSd Wohnungseigentumsgesetzes?

Das Bezirksgericht Wels hatte sich im Verfahren 18 MSCH 4/15 a mit der grundlegenden Frage zu beschäftigen, unter welchen Voraussetzungen eine Aufzugsmodernisierung in einer Wohnungseigentumsanlage unter ordentliche Verwaltung oder außerordentliche Verwaltung einzuordnen ist. Diese Beurteilung war wesentlich, weil davon die Rechtzeitigkeit der gemäß § 29 Abs 1 WEG erfolgten Anfechtung eines Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer abhängig war.

Das Erstgericht hat in seinem Sachbeschluß vom 16. Februar 2016 ausgesprochen, dass bei der Abgrenzung zwischen ordentlicher Verwaltung (iSd § 28 WEG) und wichtiger Veränderung (iSd § 29 WEG) ein wirtschaftlicher Gesichtspunkt zugrunde gelegt werden muß. Demnach gehören auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung bestehender Anlagen und damit noch zur ordentlichen Verwaltung. Nachdem im zu entscheidenden Fall jedoch einzelne Elemente der vorgeschlagenen Maßnahmen der Liftmodernisierung als nicht notwendig im technischen Sinne einzustufen waren, wurde damit der Bereich der ordentlichen Verwaltung verlassen und hat sich das Vorhaben als eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung iSd § 29 WEG erwiesen.

Konkret waren kurz zusammengefasst folgende Maßnahmen vorgeschlagen und von den Wohnungseigentümern abgestimmt worden:

Erneuerung der kompletten Antriebe, Erneuerung der Aufzugssteuerung, Tausch der Kabinen, Erneuerung des Fahrkorbes, Einbau eines Notrufüberwachungssystems, Erneuerung der Personenkabine inklusive Handlauf und Spiegel.

Im Verfahren hat sich herausgestellt, dass diese Erneuerungsmaßnahmen zwar zweckmäßig sein können, aber über die gesetzlichen Erfordernisse des OÖ Aufzugsgesetzes 1998 weit hinausgehen. Insbesondere sieht das OÖ Aufzugsgesetz idgF keine verpflichtende Anpassung an den Stand der Technik zum Beispiel durch Nachrüstung sicherheitstechnischer Einrichtungen vor.

Das Erstgericht hat außerdem kritisiert, dass trotz der vorgeschlagenen aufwändigen Maßnahmen weiterhin kein behindertengerechter, barrierefreier Zugang zum Lift umgesetzt worden wäre. Dies war jedoch der zentrale Anfechtungsgrund des Antragstellers gewesen.

Das Notariats-Bureau Dr. Fellner hat den Antragsteller gem § 29 Abs 1 WEG in dieser Causa vor dem Zivilgericht erfolgreich vertreten und die Aufhebung des den Antragsteller benachteiligenden Mehrheitsbeschlusses durch das Gericht erreicht. Die Entscheidung des Erstgerichtes ist allerdings noch nicht rechtskräftig, weil einer der Antragsgegner ein Rechtsmittel eingebracht hat.

Bescheidberichtigung wegen angeblicher Fehler beim Einsatz einer automationsunterstützten Datenverarbeitung iSd § 293 BAO:

Die Bescheidberichtigung von angeblich ausschließlich auf dem Einsatz einer ADV-Anlage beruhenden Unrichtigkeiten von Steuerbescheiden durch Erlassung eines Zweitbescheides ist jedenfalls ausgeschlossen, wenn

a) das Finanzamt zunächst ein Ermittlungsverfahren bezüglich der steuerlichen Bemessungsgrundlage (im Anlassfall für die Grunderwerbsteuer-GrESt) durchgeführt hat,

b) das Finanzamt in diesem Zusammenhang die Steuerpflichtigen aufgefordert hat, den gemeinen Wert einer Immobilie einzubekennen,

c) die Steuerpflichtigen in der Folge den gemeinen Wert einbekannt haben,

d) das Finanzamt jedoch den Steuerpflichtigen währenddessen die GrESt mit Bescheid auf der Grundlage des dreifachen Einheitswertes vorgeschrieben hat, der vorgeschriebene Steuerbetrag vollständig einbezahlt wurde und den Steuerpflichtigen eine Unbedenklichkeitsbescheinigung für das Grundbuch ausgestellt wurde.

Das Notariats-Bureau Dr. Fellner hat die Steuerpflichtigen vor dem Finanzamt erfolgreich vertreten und die ersatzlose Aufhebung des Steuerbescheides, mit dem den Steuerpflichtigen nachträglich eine erhöhte GrESt vom gemeinen Wert des Grundstückes vorgeschrieben worden war, bereits mittels Beschwerdevorentscheidung erreicht.

Linz, im Juni / Juli 2016, Notar Dr. Gernot Fellner

Mehr lesen…