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Mittwoch, 19.05.2021

Ferienliegenschaft im europäischen Ausland – Was Sie auf jeden Fall beachten sollten!

Auf Mallorca genießt das Pensionistenehepaar Obermair in der sogenannten schlechten Jahreszeit milde Wintermonate. Ihr Wohnhaus in Linz haben sich die Ehegatten Obermair behalten. Von Juni bis Oktober leben sie in Österreich, pflegen Kontakte zu hiesigen Freunden und Verwandten, entspannen an den Salzkammergutseen oder unternehmen Wanderungen in den herrlichen Bergregionen. "Das Beste aus zwei Welten", wie Frau Obermair zu sagen pflegt.

Doch eines Tages während eines ihrer halbjährlichen Winteraufenthalte auf der Baleareninsel erleidet Herr Obermair einen Herzinfarkt, der trotz rascher Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus zu seinem Tod führt…

Fehlende Rechtswahl im Testament – Dramatische Folgen!

Die Österreicher lieben das Meer. Urlaubs- und Zweitwohnsitze in Ländern wie Kroatien, Spanien etc. werden attraktiver.

Viele erfüllen sich den Traum von der eigenen Wohnung im Süden um die Wintermonate in milden Gefilden zu verbringen.

Zunehmend sind dies nicht nur Ruheständler mit viel Freizeit, sondern auch voll Berufstätige jüngeren Alters mit und ohne Familie.

Insbesondere Freiberufler, die lediglich Internet benötigen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, sind hier ungebunden und können praktisch überall auf der Welt arbeiten und wohnen. Nicht selten zieht es diese in die wärmeren Regionen Europas, um dem nasskalten und grauen Winter in einer Großstadt zu entfliehen.

Ein Fallbeispiel

Auch Herr und Frau Obermair1 haben nach einigen Jahren des Winterurlaubs auf Mallorca, den sie noch in Hotels verbracht haben, sich von ihrem angesparten Vermögen eine kleine Wohnung im mallorcinischen Hinterland in der Nähe von Valldemossa gekauft. Dort genießen die beiden Pensionisten nun in der sogenannten schlechten Jahreszeit milde Wintermonate. Ihr Wohnhaus in Linz haben sich die Ehegatten Obermair behalten. Von Juni bis Oktober leben sie in Österreich, pflegen Kontakte zu hiesigen Freunden und Verwandten, entspannen an den Salzkammergutseen oder unternehmen Wanderungen in den herrlichen Bergregionen. "Das Beste aus zwei Welten", wie Frau Obermair zu sagen pflegt.

Doch eines Tages während eines ihrer halbjährlichen Winteraufenthalte auf der Baleareninsel erleidet Herr Obermair einen Herzinfarkt, der trotz rascher Einlieferung in das nächstgelegene Krankenhaus zu seinem Tod führt.

Die Ehegatten Obermair haben vor Jahren bei ihrem Notar in Linz ein gemeinschaftliches Testament errichtet, in dem sie sich gegenseitig und wechselseitig zu Erben eingesetzt haben. Die Ehegatten Obermair haben zwei Nachkommen, Tochter und Sohn, die sich eigentlich recht gut verstehen.

Nachdem Frau Obermair gemeinsam mit ihren Kindern die Überführung des Leichnams ihres Gatten nach Österreich und das Begräbnis auf dem Linzer Barbarafriedhof organisiert und abgewickelt hat, kommt sie noch im Zuge der Trauerarbeit unweigerlich auch um das Thema der Verlassenschaftsabwicklung nicht herum. Frau Obermair und ihre Kinder, Sabine und Helmut, gehen natürlich fest davon aus, dass die Verlassenschaftsabhandlung wegen der österreichischen Staatsbürgerschaft des Verstorbenen und wegen ihres gemeinsamen Wohnsitzes in Linz beim Bezirksgericht Linz und durch einen Linzer Notar als Gerichtskommissär abgewickelt werden wird.

In diesem Glauben wendet sich die Familie an den Linzer Notar, bei dem die Ehegatten vor Jahren ihr Testament errichtet hatten, mit der Bitte um Erteilung einer ersten Rechtsauskunft.

Zunächst mit ungläubigem Staunen und kurz darnach mit Bestürzung muß Familie Obermair die Auskunft des Linzer Notars zur Kenntnis nehmen, dass nicht nur die Verlassenschaftsabhandlung nach dem verstorbenen Gatten und Vater bei einem spanischen Gericht auf Mallorca durchgeführt werden muß, sondern dass überdies im Zuge dieser Verlassenschaftsabhandlung spanisches Erbrecht angewendet wird.

Warum ist das so?

Die Verordnung (EU) Nr. 650/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 (kurz: EU-Erbrechtsverordnung – EuErbVO) bestimmt in ihrem Artikel 4, dass für Entscheidungen in Erbsachen für den gesamten Nachlaß die Gerichte des Mitgliedsstaates zuständig sind, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

Nachdem Herr Obermair zum Zeitpunkt seines Ablebens seinen Wohnsitz und gewöhnlichen Aufenthalt in seiner Wohnung in der Nähe von Valdemossa auf Mallorca hatte, ist das dort örtlich zuständige Gericht nun für die Abwicklung des Verlassenschaftsverfahrens über das gesamte dem Herrn Obermair gehörige Vermögen zuständig, also auch über seinen Anteil an dem Haus in Linz und über sein gesamtes erspartes Vermögen in Österreich sowie seinen in Linz garagierten Personenkraftwagen. Außerdem ist, wie gesagt, spanisches materielles Erbrecht anzuwenden.

Dies bringt für Familie Obermair nun natürlich unzählige rechtliche wie faktische Probleme mit sich. Abgesehen davon, dass Familie Obermair mit dem spanischen Gericht nur im Wege der Beauftragung einer doppelsprachigen (deutsch- und spanischsprachigen) Anwaltskanzlei in Palma kommunizieren kann, weil die Spanischkenntnisse von Frau Obermair für rechtlich komplexe Sachverhalte zu dürftig sind, kommt auch noch die An- und Rückreise nach und von Mallorca zu den Gerichts- und Notarterminen hinzu.

Zu ihrem Schrecken muß Frau Obermair auch noch bei dem von ihr in Palma de Mallorca beauftragten deutschsprachigen Abogado (Rechtsanwalt) erfahren, dass ein in Österreich errichtetes gemeinschaftliches Testament von Ehegatten in Spanien nicht anerkannt wird, weil gemeinschaftliche Testamente nach spanischem Recht grundsätzlich unzulässig sind. Die Durchsetzung des österreichischen Testamentes in Spanien wird daher sehr schwierig werden.

Außerdem beträgt der gesetzliche Pflichtteil von Nachkommen nach spanischem Erbrecht ⅔ des Nachlasses und damit genau die doppelte Quote im Vergleich zum österreichischen Recht (⅓ des Nachlasses).

Für die Übertragung des Miteigentums des Erblassers an der Wohnung in Spanien bedarf es letztlich einer Erbschaftsannahme vor einem spanischen Notar. Sollte das österreichische Testament in Spanien nicht durchsetzbar sein, werden alle drei Personen, Frau Obermair und ihre Kinder Sabine und Helmut, in Spanien die Erbschaft annehmen müssen und anschließend eine Erbauseinandersetzung beurkunden lassen müssen, damit Frau Obermair im Sinne des Testamentes Erbin des unbeweglichen Vermögens werden kann. Noch unangenehmer ist die Rechtssituation bezüglich des in Österreich gelegenen Vermögens, vor allem des Anteils des Verstorbenen am Haus in Linz. Nachdem das spanische Gericht die österreichischen Grundbuchvorschriften nicht kennt und nicht befolgen kann, wird wohl nur die Ausstellung eines sogenannten Europäischen Nachlaßzeugnisses (ENZ) durch das spanische Gericht die Eintragung von Frau Obermairs Eigentumserwerb am Hälfteanteil des Verstorbenen in Linz ermöglichen.

Dieses Nachlaßzeugnis wird auch notwendig sein, um in Österreich den PKW des Herrn Obermair auf seine Frau behördlich ummelden zu können. Einen Einantwortungsbeschluß eines österreichischen Gerichtes, der problemlos anerkannt wird, gibt es ja nicht.

Der rechtlichen Probleme nicht genug, drohen der Familie Obermair nun auch noch steuerliche Nachteile. Wer einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in Spanien für länger als 183 Tage im Kalenderjahr hat, begründet damit einen steuerlichen Wohnsitz in Spanien und ist dort steuerpflichtig. Die Eheleute Obermair haben stets ab November eines Jahres bis einschließlich Mai des Folgejahres auf Mallorca gelebt. Damit waren sie jedes Jahr mehr als 200 Tage auf der Baleareninsel ansässig und damit dort steuerpflichtig, auch bezüglich der Erbschaftssteuer.

Nachdem es kein Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Spanien bezüglich Erbschaftssteuer gibt2 und Österreich zur Zeit keine Erbschaftssteuer erhebt, Spanien jedoch sehr wohl, wird das gemäß EuErbVO ausnahmslos und zur Gänze in Spanien abzuhandelnde österreichische und spanische Nachlaßvermögen des Herrn Obermair wegen seines Steuerwohnsitzes auf Mallorca in Spanien mit Erbschaftssteuer zu versteuern sein. In Österreich fällt unangenehmerweise trotzdem eine Steuer an und zwar die Grunderwerbsteuer vom Haus in Linz auf der Grundlage des sogenannten Grundstückswertes.

Wäre der Nachlaß des Herrn Obermair in Österreich abzuhandeln gewesen, wäre außer für den Hälfteanteil an der Wohnung auf Mallorca gar keine Erbschaftssteuer angefallen.

Wie hätten die Ehegatten Obermair, die ja jahrelang sowohl in Österreich als auch in Spanien gelebt haben, diese Schwierigkeiten und Nachteile vermeiden können?

Eigentlich ganz einfach

Gemäß Artikel 22 EuErbVO hätten die Ehegatten Obermair in einem Zusatz zu ihrem gemeinschaftlichen Testament das Recht der Republik Österreich als auf ihren jeweiligen Todesfall anwendbares Recht wählen können, weil sie ja beide österreichische Staatsbürger waren. Gleichzeitig hätten die Ehegatten Obermair gemäß Artikel 5 EuErbVO in diesem Testamentszusatz auch noch festlegen können, dass das Bezirksgericht Linz das für die Durchführung des Verlassenschaftsverfahrens örtlich und sachlich zuständige Gericht sein soll.

Das Verlassenschaftsverfahren wäre dann auf Grund des Testamentes beim Linzer Bezirksgericht durch den Notar als Gerichtskommissär durchgeführt worden.

Mit dem Einantwortungsbeschluß des österreichischen Gerichtes, der sie als Alleinerbin ausgewiesen hätte, hätte Frau Obermair über das gesamte inländische Nachlaßvermögen verfügen können. Der Pflichtteil ihrer Kinder hätte insgesamt nur ⅓ vom Wert des Netto-Nachlasses betragen. Den Wohnungsanteil auf Mallorca hätte Frau Obermair ebenfalls auf Grund des Testamentes geerbt. Zur Eintragung ihres Eigentumsrechtes auf der Wohnung in Spanien hätte man entweder nur den österreichischen Einantwortungsbeschluß ins Spanische übersetzen müssen oder allenfalls ein Europäisches Nachlaßzeugnis vom österreichischen Gerichtskommissär ausgestellt erhalten.

Erbschaftssteuer wäre nur vom Hälfteanteil der spanischen Eigentumswohnung zu bezahlen gewesen

Bei Lebens- und Wohnsitzverhältnissen mit Bezug ins europäische Ausland sollte daher in einer letztwilligen Anordnung stets eine Rechtswahl zu Gunsten österreichischen Rechts getroffen werden.

Außer man hat die Brücken zu Österreich vollkommen abgebrochen und hierzulande weder Vermögen noch einen Wohnsitz.

Dr. Gernot Fellner – Linz, im Mai 2021

Fußnoten

  1. Die Namen wurden frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind nicht beabsichtigt und rein zufällig.

  2. Sondern nur bezüglich der Einkommensteuer und der Vermögenssteuer.