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Newsletter Dezember 2016

Samstag, 10.12.2016

Aus Anlaß des Inkraftretens der größten österreichischen Erbrechtsreform seit rund einhundert Jahren informieren wir Sie umfassend über:

Die Vermögensweitergabe von Todes wegen und unter Lebenden

von Dr. Gernot Fellner

Vermögensweitergabe von Todes wegen:

HINWEIS: Alle Darstellungen in dieser Information beruhen bereits auf den mit 1. Jänner 2017 mit dem Erbrechtsänderungsgesetz in Kraft tretenden Bestimmungen des ABGB.

Welche Formen und Arten letztwilliger Verfügungen kennen wir grundsätzlich:

a) Nach dem Inhalt der letztwilligen Anordnungen und ihrer rechtlichen "Reichweite" unterscheiden wir:

  • Erbverträge,
  • Testamente,
  • Kodizille.

Erbverträge können nur zwischen Ehegatten oder Brautleuten unter der aufschiebenden Bedingung der nachfolgenden Eheschließung abgeschlossen werden. Sie bedürfen der Form des Notariatsaktes und sind, weil eben Verträge und nicht bloß einseitige letztwillige Erklärungen, von einem Vertragsteil alleine nicht auflösbar.

Testamente sind letztwillige Anordnungen, die Erbeinsetzungen beinhalten. Dies bedeutet, dass ein potentieller Erblasser, abweichend von der gesetzlichen Erbfolge, einen oder mehrere Erben einsetzt. Diese Erbeinsetzung kann sowohl zu bestimmten Portionen, als auch zu gleichen Teilen erfolgen.

Kodizille sind letztwillige Verfügungen, die nur Vermächtnisse (Legate) einzelner Nachlasssachen beinhalten.

b) Nach der Form der letztwilligen Anordnungen unterscheiden wir:

  • eigenhändige schriftliche (Privat-) Testamente,
  • fremdhändige schriftliche (Privat-) Testamente,
  • notarielle schriftliche Testamente (als Notariatsakt, öffentliche Testamente),
  • notarielle und gerichtliche mündliche Testamente (zu Protokoll des Notars oder Gerichtes, öffentliche Testamente).

ACHTUNG: Das mündliche Privattestament vor Zeugen existiert seit einigen Jahren nur mehr als Nottestament. Befindet man sich in unmittelbarer Gefahr des Todes (zB auf einem Schiff, das unterzugehen droht; während einer Naturkatastrophe odgl) kann man vor zwei Zeugen fremdhändig oder mündlich testieren. Drei Monate nach Wegfall der Gefahr verliert dieser letzte Wille allerdings seine Gültigkeit.

Rechts-Tipp: Die (Form-)Vorschriften für fremdhändige letztwillige Verfügungen werden ab 1.1.2017 verschärft. Wir empfehlen Ihnen dringend, sich für Zwecke der Testamentserrichtung fachkundig beraten zu lassen.

Wann entstehen Pflichtteilsansprüche und wer hat solche Pflichtteilsansprüche?

Pflichtteilsansprüche gibt es immer nur dann, wenn jemand durch Testament bestimmte Verwandte oder den Ehegatten vom Erbe ausschließt oder nicht ausreichend bedenkt. Der Anspruch besteht auf Abfindung in barem Geld (Geldpflichtteil). Pflichtteilsberechtigt sind die Nachkommen und der Ehegatte (eingetragene Partner) eines Erblassers. Geschwister des Erblassers haben also keinen Anspruch auf Pflichtteil. Eltern eines kinderlosen Erblassers haben nur mehr Pflichtteilsansprüche, wenn der Erblasser vor dem 31.12.2016 verstirbt. Kindern und Ehegatten gebührt als Pflichtteil die Hälfte dessen, was sie nach der gesetzliche Erbfolge erhalten hätten. Pflichtteile sind also quotielle Ansprüche auf Abfindung in Geld, berechnet vom Verkehrswert des Nachlasses. Der Anspruch richtet sich gegen den oder die Erben, vor Einantwortung des Nachlasses gegen die Verlassenschaft.

Anrechnung auf den Pflichtteil:

Ein Erbteil, ein Vermächtnis, eine Schenkung auf den Todesfall oder Begünstigungen aus einer vom Erblasser errichteten Privatstiftung die nach dem Tod des Erblassers fällig werden, sind auf den Geldpflichtteil anzurechnen. Schenkungen, die der Pflichtteilsberechtigte zu Lebzeiten des Erblassers von diesem erhalten hat, sind der Verlassenschaft zunächst wertmäßig hinzuzurechnen. Von dem erhöhten Wert der Verlassenschaft ist der Pflichtteil zu ermitteln. Von dem ermittelten Pflichtteil ist der Wert der Vorschenkung abzuziehen, eine allfällige positive Differenz besteht als Pflichtteilsergänzungsanspruch.

Als anrechenbare Schenkung in diesem Sinne gelten insbesondere auch:

  • Die Ausstattung eines Kindes aus Anlaß der Eheschließung;
  • Ein Vorschuß auf den Pflichtteil;
  • Die Abfindung für einen Erb- oder Pflichtteilsverzicht;
  • Die Widmung von Vermögen an eine Privatstiftung;
  • Die Einräumung einer Begünstigtenstellung in einer Privatstiftung;
  • Jede andere Leistung, die einem unentgeltlichen Rechtsgeschäft unter Lebenden wirtschaftlich gleichkommt.

ACHTUNG: Diese Anrechnungsvorschriften gelten ab 1.1.2017. Sie sind auch auf Ausstattungen, Vorschüsse, Abfindungen, Begünstigungen, Schenkungen und unentgeltliche Zuwendungen unter Lebenden anzuwenden, die vor dem 31.12.2016 gemacht wurden, wenn der Erblasser nach dem 31.12.2016 verstirbt. Die letzte Position in der obigen Aufzählung aus § 781 ABGB in der ab 1.1.2017 geltenden Fassung macht de facto jede unentgeltliche, geldwerte Zuwendung an einen Pflichtteilsberechtigten anrechenbar. Diese Zuwendung muss also nicht als Schenkung bezeichnet sein, sie kann auch bloß den Berechtigten begünstigen, ohne dass ein förmlicher Vertrag existiert.

Rechts-Tipp: Wenn gewünscht wird, dass eine unentgeltliche Zuwendung auf den Pflichtteil anrechenbar wird, sollte dies nach Möglichkeit beiderseits schriftlich bestätigt werden. Die Bestätigung durch Notariatsakt empfiehlt sich bei höheren Zuwendungswerten. Es wird derzeit in Österreich keine Schenkungssteuer erhoben. Allerdings müssen unentgeltliche Zuwendungen unter nahen Angehörigen im Werte von mehr als € 50.000,-- pro Jahr und pro Zuwendungsempfänger dem Finanzamt elektronisch gemeldet werden. Jede Notariatskanzlei kann solche Schenkungsmeldungen für Parteien durchführen.

Wann kann ein Pflichtteil entzogen werden (Enterbung)?

a. Gerichtlich strafbare Handlung gegen den Erblasser, die nur vorsätzlich begangen werden kann und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht ist;

b. Gerichtlich strafbare Handlung im obigen Sinne gegen Ehegatten, Partner und bestimmte Verwandte des Erblassers; c. Vereitelung oder Versuch der Vereitelung eines letzten Willens des Erblassers;

d. Zufügung schweren seelischen Leides in verwerflicher Weise dem Erblasser gegenüber;

e. Gröbliche Vernachlässigung familienrechtlicher Pflichten dem Erblasser gegenüber;

f. Verurteilung zu lebenslanger oder zwanzigjähriger Freiheitsstrafe wegen mit Vorsatz begangener strafbarer Handlung (unabhängig von einer Involvierung des Erblassers).

Wann kann ein Pflichtteil reduziert werden (Pflichtteilsminderung)?

Minderung des Pflichtteils maximal auf die Hälfte, wenn

a. der Testator dies in einem gültigen schriftlichen letzten Willen anordnet;

b. zwischen dem Erblasser und einem Pflichtteilsberechtigten zu keiner Zeit oder wenigstens über einen längeren Zeitraum vor dem Tod des Erblassers kein wie zwischen solchen Familienangehörigen übliches Naheverhältnis bestanden hat.

Hat der Erblasser den Kontakt mit dem Pflichtteilsberechtigten grundlos gemieden oder berechtigten Anlaß für den fehlenden Kontakt gegeben, steht kein Recht auf Pflichtteilsminderung zu. Beweispflichtig für eine gültige Pflichtteilsminderung ist der Pflichtteilsschuldner, also der Erbe. Der Gesetzgeber regelt in § 776 Abs 3 ABGB, dass die Pflichtteilsminderung auch stillschweigend durch Übergehung in einer letztwilligen Verfügung angeordnet worden sein kann.

Wann wird ein Pflichtteil fällig?

Nach alter Rechtslage ist der Pflichtteil sofort nach seiner Feststellung (zB mit der Errichtung des Verlassenschaftsinventars) zur Zahlung fällig. Nach neuer Rechtslage ab 1.1.2017 kann der Geldpflichtteil erst ein Jahr nach dem Tod des Verstorbenen gefordert werden.

NEU: Stundungsmöglichkeiten: Nach den ab 1.1.2017 in Kraft tretenden Vorschriften kann der Erblasser selbst die Stundung des Pflichtteils auf höchstens fünf Jahre ab dem Todestag anordnen. Außerdem kann der Pflichtteilsanspruch auch auf Verlangen eines Pflichtteilsschuldners (Erben) ebenfalls auf höchstens fünf Jahre ab dem Todestag gerichtlich gestundet werden, soweit den Erben die (sofortige) Erfüllung unter Berücksichtigung aller Umstände unbillig hart träfe. In besonders berücksichtigungswürdigen Fällen kann das Gericht die Stundung auf insgesamt zehn Jahre verlängern. Dem Pflichtteilsberechtigten stehen in allen Stundungsfällen die gesetzlichen Verzugszinsen von 4 (vier) % (Prozent) per anno zu.

Bedeutende Änderungen im gesetzlichen Erbrecht:

Die erbrechtliche Position des Ehegatten [1] wird ab 1.1.2017 neuerlich verbessert. Ehegatten sind dann nämlich bei Vorhandensein bloß von Seitenverwandten des Erblassers (Geschwistern, Onkeln, Tanten, Cousins, Cousinen, Nichten und Neffen) alleine erbberechtigt. Neben Kindern erben Ehegatten wie bisher ein Drittel, neben Eltern des Erblassers zwei Drittel. Beseitigt wird auch die Anwachsung zwischen Aszendenten zu Gunsten des Ehe-gatten. Ist also ein Elternteil des Erblassers vorverstorben, so fällt dessen Erbportion nicht dem anderen Elternteil zu sondern dem Ehegatten.

Lebensgefährten haben 1.1.2017 ein auf ein Jahr befristetes Recht auf Weiterwohnen im Haushalt des Erblassers wie Ehegatten schon bisher, wenn sie die letzten drei Jahre vor dem Tod mit dem Erblasser im gemeinsamen Haushalt gelebt haben und der Erblasser zum Todeszeitpunkt nicht verheiratet war. Außerdem darf ein Lebensgefährte während dieses Jahres die im Haushalt des Erblassers vorhandenen Sachen benutzen. Eigentum erwirbt er an diesen Sachen nicht.

Lebensgefährten haben außerdem ein außerordentliches gesetzliches Allein-erbrecht, wenn sie, wie schon oben ausgeführt, drei Jahre vor dem Tod mit dem Er-blasser in dessen gemeinsamen Haushalt gelebt haben und kein gesetzlicher Erbe zur "Verlassenschaft gelangt". Dies wird wohl so auszulegen sein, dass entweder überhaupt keine gesetzlichen Erben vorhanden sind oder kein gesetzlicher Erbe von seinem Erbrecht Gebrauch macht.

Der politischen Korrektheit halber ist festzustellen, dass der Gesetzgeber den "eingetragenen Partner" im ErbRÄG 2015 dem Ehegatten gleichgestellt hat. Alle Neuregelungen zu Gunsten von Ehegatten gelten daher auch für "eingetragene Partner". In das Partnerschaftsregister können sich nur volljährige, geschäftsfähige und gleichgeschlechtliche Partner bei den Bezirksverwaltungsbehörden eintragen lassen (AnmdVerf).


Das sogenannte "Pflegevermächtnis":

Als besonders wertvolle Neuerung des ErbRÄG 2015 wird die Einführung eines so bezeichneten Pflegevermächtnisses gefeiert. Solch ein gesetzliches Vermächtnis steht ab 1.1.2017 einer Person zu, die

  • dem Erblasser nahe gestanden hat,
  • die den Erblasser in den letzten drei Jahren vor seinem Tode über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten gepflegt hat, wobei
  • das Ausmaß der Pflege nicht bloß geringfügig sein darf.

Das Vermächtnis gebührt nicht, soweit eine Zuwendung für die Pflege gewährt oder ein Entgelt dafür vereinbart wurde. Als nahestehende Personen gelten kraft Gesetzes die gesetzlichen Erben, Ehegatten der gesetzlichen Erben, deren eingetragene Partner und Lebensgefährten, Kinder von diesen Personen, sowie der Lebensgefährte des Verstorbenen und dessen Kinder. Erstaunlich ist, dass Schwiegereltern nicht in den Kreis der nahestehenden Personen aufgenommen wurden.

Nach der gesetzlichen Definition der Pflege könnte unter Umständen schon ein regelmäßiges Ausfahren des zu Pflegenden im Rollstuhl odgl den Anspruch begründen. Der Gesetzgeber verlangt im Rahmen der Pflege nicht, dass tatsächlich körperliche Pflegeleistungen oder gar eine 24-Stunden-Betreuung erbracht werden. Die Gewährung oder Sicherung von notwendiger Betreuung und Hilfe und die bloße Möglichkeit für den zu Pflegenden, ein selbstbestimmtes, bedürfnisorientiertes Leben zu führen, reicht aus.

Manche Zivilrechtsexperten nehmen an, dass dieses Pflegevermächtnis unabhängig von der Höhe und dem Wert des Nachlasses im Ausmaß der geleisteten Pflege (nach Art, Dauer und Umfang der Leistungen) gebührt. Dies könnte zur Folge haben, dass kleinere Nachlässe vom Pflegevermächtnis zur Gänze aufgezehrt werden. Tatsache ist allerdings, dass der Gesetzgeber offen gelassen hat, ob und in welchem Höchstausmaß das Pflegevermächtnis gebührt. Ob das Pflegevermächtnis daher eine Erbschaft wirklich weitgehend oder zur Gänze aufzehren wird können, muß die Rechtsprechung der kommenden Jahre weisen.

Das Pflegevermächtnis gebührt außerdem neben dem Pflichtteil. Dies bedeutet, dass ein konkret Pflichtteilsberechtigter, der gepflegt hat, zusätzlich zu seinem Pflichtteil Anspruch auf ein angemessenes Pflegevermächtnis hat.

Fraglich ist, was rechtens zu sein hat, wenn ein gesetzlicher Erbe gepflegt hat. Gemäß § 678 Abs 2 ABGB gebührt das Pflegevermächtnis neben anderen Leistungen aus der Verlassenschaft (worunter wohl auch ein gesetzlicher Erbteil zu verstehen ist) nur dann nicht, wenn der Erblasser dies verfügt hat. Somit ist auch ein gesetzlicher Erbe, der gepflegt hat, ohne Anrechnungspflicht anspruchsberechtigt.

Fazit

Der Gesetzgeber greift insbesondere beim Pflichtteilsrecht mit dem ErbRÄG 2015 massiv in seit rund 200 Jahren bestehende Rechtsvorschriften ein. Viele unbestimmte Gesetzesbegriffe machen die Auslegung hinkünftig schwierig. Eine Rechtsprechung zu den aufgeworfenen Fragen existiert naturgemäß noch nicht. Mit dem Pflegevermächtnis betritt der Gesetzgeber Neuland. Viele Fragen bleiben in diesem Zusammenhang offen. Es ist daher dringend anzuraten, ein Testament zu machen und dazu fachkundige Beratung einzuholen, um spätere Erb- oder Pflichtteilsstreitigkeiten und Auslegungsprobleme zu vermeiden.

Rechtsnachfolge durch Verträge unter Lebenden:

Diese Verträge sind landläufig unter den weiten Begriffen der Schenkungsverträge oder Übergabsverträge bzw. auch als Leibrentenverträge bekannt.

Ein Schenkungsvertrag ist nur dann ein solcher, wenn tatsächlich überhaupt keine Gegenleistung für die Hingabe eines Grundstückes oder einer Liegenschaft gewährt wird oder diese Gegenleistung so geringfügig ist, dass sie im Verhältnis zum Verkehrswert des geschenkten Grundstückes oder der geschenkten Liegenschaft praktisch nicht ins Gewicht fällt. Schenkungsverträge unter Lebenden sind grundsätzlich unwiderruflich. Sie könnten nur im Falle des groben Undanks des Geschenknehmers gegenüber dem Geschenkgeber allenfalls widerrufen werden.

Gegenleistung bei Übergabsverträgen:

Gegenleistung kann sein ein barer Übergabspreis (zum Beispiel an die Übergeber oder an die sogenannten weichenden Geschwister zu bezahlen), die Vereinbarung eines Ausgedinges (Wohnungsgebrauchs- oder Fruchtgenussrecht für die Übergeber, Pflege und Betreuung, Bezahlung der Krankheits- und Begräbniskosten durch die Übernehmer, etc.).

Vertragszweck:

Ist in der Regel die Versorgung der Übergeber in ihren dringendsten Bedürfnissen, die Sicherung der Liegenschaftserhaltung durch die Übernehmer, die Abfindung der weichenden Nachkommen der Übergeber mit angemessenen, aber nicht vom vollen Verkehrswert, sondern von einer Art "Übergabswert" berechneten Abfindungszahlungen ("Wohl-Bestehens"-Grundsatz des Anerbenrechtes) und natürlich nicht zuletzt: Steuern zu sparen.

Erbschafts-, Schenkungssteuer- Grunderwerbsteuerinformation

Der Verfassungsgerichtshof (VfGH) hat seinerzeit in zwei Erkenntnissen sowohl die Erbschaftssteuer als auch die Schenkungssteuer mit Wirkung ab

1. August 2008, 00.00. Uhr, aufgehoben.

Der VfGH hat nicht die grundsätzliche Tatsache, dass Einheitswerte der Besteuerung unbeweglichen Vermögens zugrundegelegt wurden, als solche für verfassungswidrig erkannt, sondern nur die Zugrundelegung einer blossen Vervielfachung der aus dem Jahre 1955 stammenden Einheitswerte als nicht verfassungskonform angesehen.

Dies hatte zur Folge, dass die Einheitswerte vorerst weiterhin bestehen bleiben, jedoch nur mehr als Bemessungsgrundlage für

a. die Grundsteuer, die an die Gemeinden abzuführen ist, sowie als Dreifaches des regulären Einheitswertes

b. als demjenigen Mindestwert, der für Liegenschaften in ein Verlassenschafts-inventar einzustellen ist, sowie unter bestimmten Umständen

c. als begünstigte Bemessungsgrundlage für die Grundbucheintragungsgebühr.

De facto kennen wir in Österreich, was Immobilien betrifft, nun vier verschiedene Werte, die im Zuge von Vermögensweitergaben wie folgt unterschiedlich zum Tragen kommen können:

a. Der alte Einheitswert x 3 als Immobilienwert im Verlassenschaftsverfahren (Bemessungsgrundlage für die Gerichtsgebühren) und als Bemessungsgrundlage für die 1,1 % - ige Grundbucheintragungsgebühr beim begünstigten Personenkreis (Verwandte, Ehegatten, Lebensgefährten);

b. Der Verkehrswert als Bemessungsgrundlage für die Pflichtteilsbemessung und für die Abfindung der Weichenden;

c. Der sogenannte Grundstückswert für die Bemessung der Grunderwerbsteuer bei Erbschaften und Schenkungen;

d. In manchen Fällen der sogenannte gemeine Wert aus dem Bewertungsgesetz 1955 (zB für die Prüfung der Frage, ob bei einer Erbteilung auch noch Immo-bilienertragsteuer anfallen könnte).

ACHTUNG Falle - Immobilienertragsteuer:

Die Immobilienertragsteuer (ImmoESt) wurde im März 2012 eingeführt und sollte ursprünglich nur die rein entgeltliche Veräußerung (den Verkauf) von Liegenschaften besteuern. Im Laufe der seither vergangenen Jahre haben jedoch findige Mitarbeiter des Finanzministeriums durch intensives Nachdenken entdeckt, dass bei Erbteilungen auch ImmoESt anfallen kann. Dies ist jedenfalls immer dann der Fall, wenn bare Zuzahlungen oder Ausgleichszahlungen mit Mitteln von außen, also nicht aus Mitteln der Verlassenschaft erfolgen.

Einfaches Beispiel: Übernimmt ein Erbe die gesamte Nachlaßliegenschaft und zahlt einem zweiten Erben aus seinen eigenen Mitteln eine Ausgleichszahlung in Höhe des gemeinen Wertes des fiktiven Liegenschaftsanteiles des weichenden Erben aus, wird dies als Verkaufsvorgang zwischen den Erben gesehen. Beim Verkäufer, dem weichenden Erben, fällt ImmoESt an.

Noch unangenehmer kann es werden, wenn mehrere Erben und mehrere Liegenschaften vorhanden sind, die untereinander aufgeteilt werden. Möglicherweise nimmt die Finanzverwaltung dabei nämlich Tauschvorgänge an, bei denen jeder der Erben jeweils als Vertauschender und gleichzeitig als Eintauschender gilt, weil ja fiktiv auf Liegenschaftsanteile verzichtet wird, um andere Liegenschaftsanteile zu bekommen. Dieser Vorgang löst wahrscheinlich ImmoESt bei allen Beteiligten aus.

Im Notar-Bureau Dr. Fellner ist derzeit ein solcher Fall anhängig, der unter Beiziehung von Steuerberatern vor der Erbteilung eingehend geprüft wird.

Übrigens sind die Finanzämter gerade dabei, alle Erbschaften seit März 2012, bei denen eine Vermutung der ImmoESt-Pflicht besteht, aufzurollen. Es ergehen zur Zeit Ersuchschreiben an die Gerichtskommissäre und an die Gerichte, die seinerzeitigen Abhandlungsprotokolle vorzulegen.

Rechts- und Steuer-Tipp:

Zur Vermeidung von erwartbaren Auslegungsstreitigkeiten nach Inkrafttreten des ErbRÄG 2015, aber vor Allem auch wegen der oben geschilderten ertragsteuerlichen Unsicherheiten bei künftig zu erwartenden Erbschaften mit mehreren Liegenschaften empfiehlt sich Folgendes (alternativ):

  • Übergabe / Aufteilung unter Lebenden zu sehr günstigen Steuersätzen bei der Grunderwerbsteuer (0,5 % bis € 250.000,--; 2 % für die nächsten € 150.000,-- und 3,5 % für alle darüber hinausgehenden Grundstückswertanteile);
    • dabei wirkt vorteilhaft, dass die Abfindung von Weichenden in Geld vollständig schenkungssteuerbefreit (nur meldepflichtig) ist und
    • damit auch die Problematik der Immobilienertragsteuer bei Erbteilungen vermieden werden kann;
  • exakte testamentarische Aufteilung und Zuordnung der Liegenschaften mit Erben, die sich später genau an diese Aufteilungsanordnung halten;
  • bei gesetzlicher Erbfolge mit mehreren Erben und mehreren Liegenschaften die Suche nach steuerschonenden Lösungen gemeinsam mit dem Gerichtskommissär und allenfalls beigezogenen Steuerberatern.
EXKURS - Scheidungsverfahren im Luxusbereich:

Nach der geltenden Rechtsprechung des OGH gibt es beim gesetzlichen Unterhalt zwischen Ehegatten auch im Scheidungsverfahren und danach keine Luxusgrenze. Jüngst wurde vom Höchstgericht judiziert, dass ein Ehegatte, der früher mit seiner Gattin einen überaus luxuriösen und aufwändigen Lebenswandel geführt hat, in dessen Rahmen jährlich mehrere Millionen Euro ausgegeben wurden, im nunmehr anhängigen Scheidungsverfahren seiner Ex-Gattin ebenfalls einen gleichermaßen "luxuriösen" Rechtsbeistand als Teil des gesetzlichen Unterhalts finanzieren muss, wie er ihn sich selbst vergönnt. Beschäftigt der Ehemann im Scheidungsverfahren mehrere Rechtsanwälte zu hohen Stundensätzen über dem Rechtsanwaltstarif, muss er seiner Gattin finanzielle Mittel als Unterhalt zur Verfügung stellen, die ihr quasi "Waffengleichheit" ermöglichen.

Um ähnliche Auswüchse an Unterhalts- oder Aufteilungsansprüchen auch unterhalb der "Luxusgrenze" im Zuge eines Scheidungsverfahrens zu vermeiden, empfiehlt sich dringend eine notarielle Aufteilungs- und Trennungsvereinbarung gemäß § 97 EheG. Mit Notariatsakt kann seit 1.1.2010 die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens, der ehelichen Ersparnisse und der Ehewohnung sowie der Unterhalt nach der Scheidung im Voraus geregelt werden. Wir beraten Sie diesbezüglich umfassend, vor Allem auch im Hinblick auf die Möglichkeiten zur Vermeidung der Vergleichsgebühr nach dem Gebührengesetz.

Ihr Notariatsteam Dr. Gernot Fellner Linz, im Dezember 2016