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Newsletter Dezember 2017 (Teil 2)

Samstag, 16.12.2017

Aus Anlass des Inkrafttretens der bevorstehenden Umwandlung des bisherigen Sachwalterschaftsrechtes in die Erwachsenenvertretung informieren wir Sie ab sofort in mehreren Folgen umfassend über:

Teil II: Verbot des Pflegeregresses ab 1. Jänner 2018

von Dr. Gernot Fellner

Durch Einfügung eines § 330a als Verfassungsbestimmung mittels Sozialversicherungs-Zuordnungsgesetz -- SV-ZG, BGBl. 125/2017 vom 1. August 2017, in das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz-ASVG wird der sogenannte Pflegeregress mit Wirkung ab 1.1.2018 gesetzlich verboten. Durch diese verfassungsrechtliche Bestimmung werden einschlägige anderslautende Vorschriften der länderspezifischen Sozialhilfegesetze unanwendbar. Unter Pflegeregress versteht man gemeinhin den Zugriff der Sozialhilfeträger auf Einkünfte und Vermögen der pflegebedürftigen Personen oder den Zugriff auf Vermögen von Angehörigen der pflegebedürftigen Personen, denen vor Heimeintritt von den pflegebedürftigen Personen Schenkungen gemacht wurden, zwecks Abdeckung der aus öffentlichen Mitteln bezuschussten Heimaufenthalts- und Pflegekosten. Dieser Pflegeregress ist in den neun Bundesländern unterschiedlich geregelt.

Das Notariats-Bureau Dr. Fellner vertritt betroffene Angehörige in derzeit anhängigen Kostenersatzverfahren oder Verlassenschaftsverfahren. Wir haben § 330 a ASVG idF ab 1.1.2018 daher analysiert und weisen auf folgende mögliche Auslegungsprobleme hin:

Die Rechtsvorschrift lautet wörtlich: "§ 330a (Verfassungsbestimmung) Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben/Erbinnen und GeschenknehmerInnen im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung der Pflegekosten ist unzulässig."

Dieses Gesetz tritt mit 1. Jänner 2018 in Kraft. Ab diesem Zeitpunkt dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden, laufende Verfahren sind einzustellen.

Daraus ist uE abzuleiten, dass

a) anhängige Kostenersatzverfahren der Träger sozialer Hilfe (meist Bezirkshauptmannschaften, Magistrate der Städte mit eigenem Statut) bis 31.12.2017, 24.00 Uhr, weiterzuführen sind. Kostenersatzverfahren sind uE solche Verwaltungsverfahren, die konkret auf den Ersatz von Pflegekosten durch die betroffenen Personen oder deren beschenkte Angehörige abzielen. Derartige Verfahren münden in der Regel, sofern nicht ein Vergleich mit der Behörde geschlossen wird, in einen bekämpfbaren Bescheid;

Hinweis:

Bereits beim Landesverwaltungsgericht in Folge einer Beschwerde anhängige Rechtsmittelverfahren sind uE nicht unter die einzustellenden Verfahren zu subsumieren. Per Gesetz können nämlich Gerichtsverfahren nicht abgewürgt werden. Die Landesverwaltungsgerichte werden solche Verfahren daher zu Ende verhandeln und in der jeweiligen Sache entscheiden müssen. Ein Zugriff auf das Vermögen Betroffener auf Grund des dem Behördenantrag stattgebenden Beschlusses des Gerichtes sollte jedoch nach dem 1.1.2018 unzulässig sein (vgl oben: "...dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden..."). Fraglich ist dabei allerdings nach dem Gesetzeswortlaut, ob das exekutive Eintreiben von rechtskräftig zugesprochenem Kostenersatz auch unter "nicht mehr geltend gemacht werden" fällt, weil geltend machen und einbringlich machen juristisch zwei verschieden Paar Schuhe sind;

b) im Rahmen von Verlassenschaftsverfahren noch vor dem 31.12.2017, 24.00 Uhr, angemeldete Ersatzforderungen nicht unter "laufende Verfahren" fallen. Ein verwaltungsrechtliches Kostenersatzverfahren hat in diesen Fällen zumeist nicht stattgefunden. Die Sozialhilfeträger müssten in solchen Fällen uE den ruhenden Nachlass beim Zivilgericht auf Kostenersatz klagen. Ab 1.1.2018 ist ihnen dies per Gesetz verboten (vgl oben: "...dürfen Ersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden..."). Auch Forderungsanmeldungen für Sozialhilfeersatz in Verlassenschaftsverfahren sind uE ab 1.1.2018 unzulässig und müsste deren Unzulässigkeit im Verlassenschaftsinventar bemerkt werden.

c) am 1. Jänner 2018 um 00.00 Uhr noch anhängige Kostenersatzverfahren der Behörden per Bescheid einzustellen sind;

d) noch vor dem 31.12.2017 rechtskräftig abgeschlossene Kostenersatzverfahren womöglich doch auch nach dem 1.1.2018 zu einem zulässigen Zugriff auf das Vermögen der zu pflegenden Personen und/oder deren Angehörigen, Erben und Geschenknehmern führen könnten (vgl Hinweis oben).

Rechtstipp: Das Notariats-Bureau Dr. Fellner hat ein einschlägiges Know-how in der Vertretung von Parteien gegenüber den Sozialhilfeträgern erworben. Falls Sie Betroffene und nicht sicher sind, ob die neue Rechtslage ab 1.1.2018 zu Ihren Gunsten ausschlagen oder doch noch zu einer Kostenersatzpflicht führen könnte, wenden Sie sich unter Beibringung der Unterlagen an uns, wir werden Ihren Fall prüfen und bestmöglich vertreten!

Lesen Sie auch Teil I: DAS NEUE ERWACHSENENSCHUTZRECHT!

Linz, im Dezember 2017 Dr. Gernot Fellner